Sie haben die vorausgehenden Seiten interessiert angesehen und wissen nun, wie ich auf das Linksdrechseln aufmerksam wurde, haben miterlebt, wie ich mir mit großem Eifer einen Arbeitsplatz zum Linksdrechseln eingerichtet habe und fragen: Wann geht es nun endlich los? Dann dürfen Sie mir jetzt bei der Anfertigung eines zehnteiligen Sets mit Adventfigürchen zum Anhängen über die Schulter schauen und die Faszination, die diese außerordentlich reizvolle Technik ausübt, genießen. Falls Sie aber bereits meinem Beispiel gefolgt sind und sich selbst eine Möglichkeit zum Linksdrechseln geschaffen haben, und sei es auch nur ein Provisorium für einen Vorversuch, empfehle ich Ihnen, sich in meinem Download-Bereich eine komplette Werkzeichnung herunterzuladen und auszudrucken.
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Anfertigung der Einzelteile für die Figürchen
An Hand der Werkzeichnung habe ich eine Stückliste erstellt und eine reichliche Menge Holzklötzchen in allen benötigten Maßen zugeschnitten. Für gleiche Teile sollten die Zuschnitte auch gleich groß sein, so kann man sich besser auf sein Augenmaß verlassen. Für den Anfang und generell für die Spanbäumchen empfehle ich Lindenholz. Später kann man die Einzelteile der Figuren auch aus unterschiedlichen Holzarten zusammensetzen und damit sogar eine gewisse Farbigkeit erreichen. Der Mantel für den Weihnachtsmann scheint mir am einfachsten formbar zu sein. Schlagen wir ein passendes rechteckiges Langholzstück an das Heureka- Futter an, und drehen es mit der Schruppröhre zunächst zylindrisch um dann mit der Spitze des Meißels die "fliegende" Stirnseite plan zudrehen. Ebenfalls mit der Meißelspitze körnen wir das Zentrum tief an, um einen Ansatzpunkt für die kleine Formröhre zu erhalten, mit der wir die kleine Vertiefung arbeiten, in die wir später den Kopf einkleben. Die Schulterpartie kann mit der breiten Schruppröhre geformt werden. Anschließend glätten wir mit dem schmalen Meißel, mit dem wir auch den Saum des Mantels am anderen Ende arbeiten. Abgestochen wird mit einem Abstechstahl. Das wird nicht ganz so sauber, wie mit dem Meißel, spart aber Holz und wer traut sich schon einem Weihnachtsmann unter den Mantel zu schauen? Für den Schneemann schruppen wir statt eines Zylinders gleich einen leichten Konus. Dann können wir mit dem schmalen Meißel sehr schön das Drehen von Kugelformen, die wir noch oft benötigen werden, einüben. Übrigens: Falls Sie schon öfter Werkstücke nach Zeichnung an einer "normalen" Drechselbank angefertigt haben, werden Ihnen meine Zeichnungen irgendwie ungewohnt erscheinen. Werkstücke werden bekanntlich in der Fertigungslage gezeichnet und unsere Drechselbankspindel befindet sich schließlich an der rechten Seite des Bankbettes. Habe ich nun bei den Zylindern etwas falsch gemacht? Wie soll man das Loch für das Fädchen zum Anhängen bohren? Nun, in diesem Falle bohre ich es nachträglich mit einer Bohrmaschine. So kann ich unter der Krempe die pfannenförmige Vertiefung drechseln, passend zum Kopf des Schneemanns. So brauche ich an den Kopf keine schräge Fläche anzuschleifen und kann beim Zusammenkleben den Winkel beliebig variieren. Außerdem werden sowieso an einigen Teilen Bohrungen benötigt, die nicht in der Drehachse liegen und deshalb ohnehin mit einer Bohrmaschine gebohrt werden müssen. Auch der Nussknacker benötigt in seinem Hut ein Loch zum Einkleben des Anhängers. Hier sollte es keine Probleme geben – oder etwa doch? Für einen normalen Spiralbohrer läuft eine Linksdrechselbank leider genau verkehrt herum. Ob sich ein Kollektormotor in beiden Drehrichtungen betreiben lässt hängt von seiner mechanischen Konstruktion ab. So ist ein Drehrichtungsumschalter nicht für jeden (leider auch nicht für meinen) Motor zu realisieren. Zunächst hatte ich von einem Spiralbohrer den Schaft abgeschliffen und an diesem Ende eine Schneide angeschliffen, die dann in der benötigten Richtung wirkt. Um diesen Bohrer halten zu können, habe ich ihn mit der Originalspitze in ein passendes Metallröhrchen eingelötet. Nachdem dieser mühsam gefertigte Bohrer schon nach kurzer Zeit in den in den Spänen unauffindbar verschwunden war, entsann ich mich, dass ich als Kind einen Drillbohrer besaß, der zu meinem Laubsägeset gehörte, der in beiden Drehrichtungen wirkte. So schmiedete und feilte ich mir aus einem Nagel einen solchen Drillbohrer zurecht. Aber inzwischen habe ich herausgefunden, dass es völlig ausreicht, die Löcher bei laufender Maschine vorsichtig mit einer kleinen Schuhmacherahle in das weiche Hirnholz einzustechen. Diese Ahle benutze ich übrigens auch, um die Holzreste aus meinen kleinen Heureka- Futtern auszuwerfen. Auch meine Engel hatten früher ein Loch für den Faden im Kopf. Später habe ich gemerkt, dass ich den Faden auch im gleichen Loch wie die Flügel befestigen kann.
Weitere Einzelteile Drechseln
Die folgenden Teile sind noch ein bißchen kleiner als die vorherigen. Aber das kommt ja dem Linksdrechselverfahren gerade entgegen: Kleine Massenteile rationeller und bequemer als auf einer herkömmlichen Drechselbank herzustellen, ist schließlich der Sinn dieser Eigentümlichkeit des Drechselns. Für die dünneren Teile empfehle ich, passende Spundfutter anzufertigen, da man an das Heureka- Futter unnötig dicke Rohlinge anschlagen müßte, um Halt zu bekommen. Das schraffierte Teil in der Mitte der Zeichnung ist der Besen für den Schneemann. Als Alternative kann man aber auch aus dünnen Baumwollfäden und einem halben Zahnstocher einen schönen Besen binden, oder aus Pergament einen Schneeschieber zurecht schneiden. Auf meiner Site befinden sich einge Bilder mit weiteren Anregungen, wie der Engel mit dem Akkordeon, welches als "Hexentreppe" aus Pergament gefaltet wurde, oder der Vorschlag, die Figuren mit Zinnreifen zu dekorieren. Ich bin überzeugt, Sie werden sich der Faszination des Linksdrechselns nicht entziehen können und schon bald Ihre eigenen Ideen verwirklichen. Dazu wünsche ich Ihnen gutes Gelingen!
Der Spanbaum - Linksdrechsler's "Gesellenstück"
Werkstattnotiz:
Einige Teile, wie der Bart des Weihnachtsmannes und die Arme der Engel müssen nach dem Drechseln noch halbiert werden. Zuerst habe ich versucht, diese vorsichtig mit einem dünnen Federmesser zu spalten, mußte aber feststellen, das dies nicht immer zufriedenstellend gelang. So säge ich diese Teile mit einem winzigen (ungeschränkten) Kreissägeblatt, welches ich an der Linksdrechselbank befestige. Die kleinen Teile halte ich mit einer Art hölzernen Pinzette. Zur Auflage benutze ich (mit entsprechender Vorsicht!) die normale Werkzeugauflage, so dass ich hier keinen Sägetisch benötige. Eine weitaus sicherere Methode wäre hier die Verwendung einer Laubsägemaschine.
Nicht alle Teile lassen sich drechseln
Bevor wir nun mit dem Zusammenkleben der zahlreichen linksgedrehten Einzelteile beginnen können, ist noch einiges zu erledigen. So müssen einige der Teile zusätzliche Bohrungen erhalten, in die z.B. die Engelsflügel oder die Trompete eingeklebt werden können. Einige Teile müssen auch leicht beschnitzt werden. (Die großen Engel z.B erhalten einen abgeflachten Rücken und ebene Flächen zum Ankleben der Arme usw.) Außerdem werden noch Teile benötigt, die sich nicht auf der Drehbank fertigen lassen. Einige sind auf der nebenstehenden Zeichnug zu sehen, weitere, wie die Teile für das Haus und die Kirche sind auf der Werkzeichnug im Downloadbereich zu finden. Wenn ich dennoch etwas vergessen haben sollte, werden Sie es sicher mit etwas Phantasie leicht ergänzen können. Überhaupt möchte ich Sie ausdrücklich dazu ermutigen, auch eigene Wege zu verfolgen, und meine Vorschläge und Anregungen nach Ihren Ideen und Möglichkeiten abzuwandeln und zu erweitern. Im Bereich Tipps und Tricks ;meiner Site finden Sie noch weitere nützliche Informationen z.B. zur Verarbeitung von Pergament.
Das Pferd hat mit dem Linksdrechseln, für das ich mit diesem Beitrag hoffentlich einige meiner Leser begeistern konnte, wenig zu tun. Für unser Advent- Set stellt es aber dennoch, wie ich meine, eine hübsche Abrundung dar, beweist es doch auch unsere Vielseitigkeit als zünftige Holzwerker! Wenn man von der speziellen Technik der Reifendreherei einmal absieht, war ein Perd, das in der Vergangenheit ein beliebtes Kinderspielzeug war, auch für die Spielzeugmacher vergangener Zeiten gar nicht so einfach rationell zu fertigen. Angeblich ist just an diesem Problem die erfolgreiche Entwicklung einer Spielzeugindustrie in manchen Gegenden gescheitert! Für uns Amateure spielt der Faktor Zeit wohl nicht die allererste Rolle, so sägen wir einige Pferdchen mit der Laubsäge aus und beschnitzen sie liebevoll, um sie dann mit einem schönen Baumwollschweif zu vollenden.