Die Beschäftigung mit dem Linksdrechseln habe ich sofort begeistert begonnen, als ich in dem Buch Steinert und Hegewald:"Der Drechsler"
VEB Fachbuchverlag Leipzig, Germany
5.Aufl. 1981
einen kurzen Abschnitt gelesen hatte, den ich hier zitieren möchte:
Die Beschäftigung mit dem Linksdrechseln habe ich sofort begeistert begonnen, als ich in dem Buch Steinert und Hegewald:"Der Drechsler"
VEB Fachbuchverlag Leipzig, Germany
5.Aufl. 1981
einen kurzen Abschnitt gelesen hatte, den ich hier zitieren möchte:
3.1.5.10. Linksdrechseln
Das Linksdrechseln ist eine Besonderheit des Drechselns, die für den Uneingeweihten kurios erscheinen mag, aber auch den Fachmann, der diese spezielle Technik nicht beherrscht, immer wieder fasziniert. Es war bis zur ersten Hälfte unseres Jahrhunderts vor allem im Erzgebirge stark verbreitet. Zurückgedrängt wurde dieses Handdrechselverfahren durch den verstärkten Einsatz von Halb- und Vollautomaten für Massendrehteile. Das Linksdrechseln ist geeignet, kleine Massendrehteile schnell und preiswert herzustellen. So werden z. T. noch heute Klöppel, Knöpfe, dünne Säulen und dgl. an Linksdrechselbänken gefertigt. Auch besonders kleine und dünne Drehteile in geringer Auflage, wie Musikinstrumente u. a., Zubehör für figürliche Miniaturen, lassen dich im Linksdrechselverfahren problemlos und schnell anfertigen. Zur Drechselbank: Im Unterschied zur „normalen“ Drechselbank ist bei der Linksdrechselbank der Spindelstock auf der rechten Seite des Bankbettes befestigt. Er ist verhältnismäßig klein und mit Gleitlagern versehen. Die Gleitlager sind günstig für das Drechseln dieser kleinen Massenteile, weil sie einen ruhigen Lauf der Spindelstockwelle gewährleisten. Die Handauflage ist mit der des Reifendrechslers zu vergleichen. Sie läuft schienenartig über die ganze Drechselbank und ist in der Nähe des Spindelstockes und am gegenüberliegenden Ende des Bankbettes (parallel zu den Wangen und in Höhe der Drehachse) befestigt. Die Handauflage besteht aus Hartholz und ist oben nach vorn abgerundet. An der oberen Kante der Innenseite ist eine Stahlschiene angeschraubt, auf der das Werkzeug geführt wird.
Der Linksdrechsler benötigt in der Regel keinen Reitstock. Das Drechseln selbst wird im Sitzen vorgenommen. Der Drechsler sitzt Quer vor der Drechselbank (linke Körperseite am Bankbett) und legt seinen linken Ellenbogen hinter die Auflageschiene auf dem Bankbett auf. Es werden vorwiegend kleine Langholzartikel auf diese Weise hergestellt.
Die Art der Führung des Werkzeuges und vor allem der Schneidvorgang selbst, wie auch die Schneidengeometrie, unterscheiden sich vom Drechseln an der Normaldrechselbank kaum. Der Hauptunterschied ist darin zu sehen, dass das Werkzeug – hauptsächlich der Meißel - mit beiden Händen nah am Werkstück geführt wird. Die rechte Hand hält zwar, wie im Normalfalle, das Werkzeugheft bzw. etwas oberhalb des Heftes das Werkzeug besonders fest, führt aber gleichzeitig die Hauptformungsbewegung aus, während die linke Hand, besonders der Daumen, diese Formungsbewegung stark unterstützt. Dabei greift die linke Hand von der hinteren Seite des Werkstückes teilweise über dieses hinweg und unterstützt von da die Werkzeugführung. Gleichzeitig wird mit der linken Hand ein leichter Gegendruck zur Werkzeugandruckkraft am Werkstück ausgeübt, der - vor allem bei langen dünnen Werkstücken – ein Vibrieren unterbindet. Beim „normalen“ Drechseln muss in solchen Fällen der linke Arm über der rotierenden Spindelstockwelle frei gehalten werden.
Durch die sitzende Arbeitshaltung und durch die beidhändige Werkzeugführung und die Auflage des linken Ellenbogens entsteht ein sehr großes Feingefühl und eine Geschicklichkeit, die die Erklärung dafür geben, weshalb mit dieser besonderen Drechseltechnik kleine Werkstücke feiner und schneller bearbeitet werden können als es im „Normaldrechselverfahren“ möglich ist.
Erfahrene Linksdrechsler fertigen sogar kleine Reifen für Reifentiere auf der Linksdrechselbank.
Suche nach weiteren Informationen
Nachdem dieser kurze, aber informative Artikel meine Neugier und Begeisterung geweckt hatte, wollte ich natürlich soviel wie möglich über diese interessante Technik erfahren, und stöberte in den wenigen alten Drechslerbüchern, die mir damals auf Umwegen zugänglich waren, konnte aber kein einziges finden, in dem das Linksdrechseln auch nur erwähnt wurde.
In dem ältesten Drechslerbuch, das ich je in den Händen hatte, fand ich aber die Beschreibung einer Drechseltechnik, die die möglicherweise zur Entwicklung des Linksdrechselns geführt haben könnte:
„Viele Drechsler und besonders Instrumentenmacher haben noch eine eigene Art, dieses Werkzeug zu führen, sie legen nämlich die linke Hand hinter die Schnure, fassen den Zilinder mit vier Fingern, und legen den Daumen auf die Schneide. Auf diese Weise halten sie das Werkzeug ungleich sicherer auf den bereits gedrehten und runden Theil, und die Veränderung der Hand wird ungleich weniger auf der Arbeit merkbar.“
Zitat aus:
Der Drechsler oder praktischer Lehrbegrif der gemeinen und höheren Drehkunst, nach den besten älteren und neuern Schriften, durch Mitteilungen Deutscher Künstler und nach eigenen Erfahrungen
Bearbeitet und herausgegeben von J.G. Geißler Mitglied der naturforschenden Gesellschaft in
Leipzig 1795 bei Siegfried Lebrecht Crusius
Noch weniger Erfolg als bei meinen Literaturrecherchen hatte ich, als ich einen alten Drechslermeister über das Linksdrechseln befragte. Der bereits im Ruhestand befindliche Herr schaute freundlich bedauernd auf mich herab und meinte: „Ja, wenn Sie Linkshänder sind, sollten Sie das Drechseln doch lieber sein lassen!“ – Bedauerlich für den alten Herrn, dass er mit solchen Vorurteilen über Linkshänder leben muss, und bedauerlich für mich, dass ich kein Linkshänder bin, denn dann könnte ich das Linksdrechseln vermutlich an einer normalen Drechselbank ausprobieren!
Auf der folgenden Seite können Sie sich meine selbstgebaute Linksdrechselbank ansschauen.