tmb woodthreadIn Museen kann man sie noch oft und teilweise in riesigen Dimensionen entdecken: Gewindespindeln aus Holz! - Was liegt näher, als auszuprobieren, ob wir selbst auch ein schönes Holzgewinde hinbekommen!

tmb Gewinde3Saftpressen, hölzerne Schraubzwingen in Schreinereien, Vorder- und Hinterzangen alter Hobelbänke, höhenverstellbare Hocker, die Spannleisten der Schuhmacher sind typische Anwendungsgebiete und Zeugnisse alter Handwerkskunst. Sie machen deutlich, dass richtige Holzauswahl und passende Dimensionierung vorausgesetzt, Holzgewinde beachtlichen Kräften standhalten können! Aber auch in kleinen, weniger auffälligen Dimensionen setzten Drechsler früherer Zeiten Gewinde als lösbare Verbindungselemente gern und häufig ein: Winzige Nadelbüchschen mit verschraubbarem Deckel aus Buchsbaum, Schachfigürchen aus Bein, die wegen der geringen Materialdimensionen oft aus mehreren Einzelteilen gefertigt werden mussten, wurden verschraubt. Schäfte von Steh- und Tischlampen wurden mittels hölzerner Gewinde in den Fuß eingedreht. Höhenverstellbare Notenständer hatten hölzerne Feststellschrauben.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die zeitgemäßeste und vielseitigste Methode, in vielen Holzarten ein breites Spektrum an sauberen Gewinden unterschiedlichster Steigungen, Durchmesser und Profile zu erhalten, ist das Fräsen. Im einfachsten Fall wird das Werstück an einer Gewindespindel mit der passenden Steigung (der sog. Patrone) befestigt. Die Spindel wird in einer feststehenden Mutter möglichst spielfrei geführt. Wird die Spindel (von Hand) langsam gedreht, führt das Werkstück gleichzeitig zur Drehbewegung auch eine Vorwärtsbewegung entsprechend der durch die Spindel vorgegebenen Steigung aus, die es einem schnell rotierenden Fräser zuführt. Beispiele für solch einfache Vorrichtungen sind z.B. der icon_external_dark Sören Berger Thread Creator oder die Zusatzeinrichtung zum Gewindeschneiden des icon_external_dark Ornamental Turners von TEKNATOOL. Da diese beiden Produkte nicht auf dem deutschen Markt zu bekommen sind, google ich weiter und finde das icon_external_dark Gewindeschneidgerät DB 1430 - etwas versteckt - im Katalog von Heinz Wiedemann. Und für die, die alles lieber selbst bauen, hier eine - zwar englischsprachige, aber gut bebilderte Bauanleitung icon_external_dark Threding-jig for the wood turning.

Bevor man sich für Kauf oder Selbstbau solch einer einfachen Vorrichtung entscheidet, sollte man deren Nachteile kennen:
1. Man benötigt für jede zu fertigende Steigung eine passende Musterspindel einschließlich zugehöriger Spindelmutter.
2. Da sich das Werkstück während einer Drehung auch vorwärts bewegen muss, läßt sich nur "fliegend" arbeiten, das heißt, man muss auf Reitstock und Körnerspitze als Spannhilfe verzichten. Somit sind nur verhältnismäßig kurze Gewindespindellängen machbar.

Aufwändiger konstruierte Vorrichtungen, die diese Nachteile vermeiden, sind von der Metalldrehbank abgeschaut: Sie benutzen ein Wechselradgetriebe. Man findet sie als Aufbaugeräte für die Drechselbank
z. B. Gewindefräseinrichtung GF 220 der icon_external_dark Fa. Hager oder als eigenständiges Gerät
z.B Gewindefräseinrichtungen GFE 1 und GFE 2 der icon_external_dark Fa. Eugen Mitsch oder das Gewindefräs- und Kaneliergerät GFK 500 der icon_external_dark Fa. Steinert . Wer die Anschaffung eines solchen Gerätes erwägt, sollte neben den Preisen auch die Spitzenhöhen und die maximal möglichen Spindellängen vergleichen und bei Bedarf erfragen, ob sich auch Linksgewinde und/oder zusätzliche Steigungen realisieren lassen.

Sie möchten jetzt wissen, für welches Gerät ich mich entschieden habe? - Nun, glückliche Menschen - wie ich - haben bereits (fast) alles was sie brauchen! In diesem Falle ist es eine alte Allzweck-Kleinwerkzeugmaschine DBF.

tmb Gewinde1DBF stand bei diesem Maschinchen für Drehen-Bohren-Fräsen. Zu den Aufbauteilen für die Drehbank gehörte auch ein Wechselgetriebe zum Antrieb der Leitspindel. Eine mitgelieferte Kurbel diente zum manuellen Antrieb beim Gewindeschneiden. Die Teile, soweit noch vorhanden, sind schnell hervorgekramt und zusammengebaut. Für das M 27- Spindelgewinde des kleinen Spindelstocks besitze ich einen Adapter M 33 x 3,5. So kann ich meine Werkstücke auf der Drechselbank vordrehen und zum Gewindefräsen im gleichen Futter belassen. Somit ist ein guter Rundlauf garantiert! Zum DBF-Gerät gehörte auch ein 43 mm Spannflansch, den ich auf dem Support befestigen und als Halterung für meinen Bosch-Oberfräsenmotor verwenden kann. Wenn die bereits bestellten Fräser bei mir eintreffen, kann der Probebetrieb beginnen!

tmb thread cutterMit einem Fräser für Innengewinde kann man auch Außengewinde, allerdings nur mit einer durch die Länge des Fräserschaftes sehr begrenzten Länge fräsen. Für beliebig lange Gewindespindeln wird ein weiterer Fräser benötigt. Damit Spindel und Mutter dann auch zusammen passen, müssen beide Fräser den gleichen Nennwinkel besitzen. Obwohl für Holzgewinde keine icon_external_dark standardisierte Gewindenormen gelten, scheint es sinnvoll, für die in der Metallbearbeitung üblichen 60° für metrische ISO-Spitzgewinde zu übernehmen.

Dtmb Gewinde4ie Fräser sind geliefert worden. Die erste sinnvolle Anwendung, die mir einfällt, ist die Anfertigung kurzer M 33 x3,5 Gewindestutzen zur ordentlichen Aufbewahrung meiner Drechselbankspannfutter. Solche Gewindestutzen kann man zwar aus Hart- PVC oder aus Aluminium auch fertig kaufen, aber hölzern und selbst gemacht, sind sie das ideales Einstiegsprojekt, um erste Erfahrungen im Gewindefräsen zu sammeln! Ein Blick in die Steigungstabelle der vergilbten Bedienungsanleitung des DBF-Gerätes bringt die Ernüchterung: Mit den mitgelieferten Zahnrädern ist eine 3,5er Steigung nicht realisierbar! Auch selber nachrechnen hilft mir nicht weiter. Immerhin finde ich dabei heraus, dass ich zusätzliche Zahnräder mit Modul 1 benötige.

tmb hanging chucksNach längerer Suchaktion finde ich ein Rad mit 110 Zähnen und ein Ritzel mit 22 Zähnen. Beide stammen aus einer defekten Schlauchpumpe. Das ergibt ein Übersetzungsverhältnis von 1:5. Also: Radsatz für 0,7er Steigung zusammen stellen, 110er Rad und 22er Ritzel irgendwo dazwischen schalten! nach etwas "feinmechanischer Fummelei" kann ich durch vorsichtiges Drehen an der Kurbel meine Theorie (0,7 x 5 = 3,5) durch die Praxis bestätigen. Voila! Wenig später sind alle meine Spannfutter ordentlich an passgenauen Gewindestutzen aufgehängt.

tmb whiskAls nächstes Projekt möchte ich einen Quirl angehen, denn ich denke, eine Schraubverbindung zwischen Stiel und Kopf ist hier eine vorbildliche Lösung: Würde man den Quirl aus einem Stück machen, müßte man im Bereich des gesamten Stieles unnötig viel Holz weg schruppen. Eine Spund-Zapfen-Verbindung ist weniger haltbar und zusätzliches einkleben kommt wegen des ständigen Kontakts mit Wasser und Lebensmitteln nicht in Betracht! Die beiden Teile sind an der Drechselbank schnell vorbereitet, aber dann gibt's wieder ein Problem: Mein Fräser hat einen zu dicken Kopf; damit lassen sich Innengewinde mit so geringem Durchmesser nicht herstellen.

tmb cutter and gaugeSo entschließe ich mich, einen kleineren Fräser selbst herzustellen. Als Rohling wähle ich eine kurze (vergütete) M8-Sechskantschraube. Für den Flankenwinkel, den ich mit einer Prüflehre für Gewindeschneidstähle kontrolliere, wähle ich 55°. Bei gleicher Einschnitttiefe wird damit das Gewinde dann am Außendurchmesser nicht so spitz ausgeschnitten und Holzausrisse werden weiter reduziert. Mit dem Fräsergebnis (Bild 6) bin ich sehr zufrieden: Sowohl im weichen Erlenholz des Quirlkopfes, als auch im harten Eschenholz des Stieles sind saubere, ausrissfreie Gewindegänge entstanden!

tmb threaded boxImmer mit Langholz zu arbeiten, wird auf die Dauer langweilig! Deshalb möchte ich nun auch mal Gewinde in Querholz fräsen. Bereits vor Jahren habe ich mal eine Mahagonidose grob vorgedreht und zum Nachtrocknen an einem sicheren Platz verstaut und dann buchstäblich vergessen! Die lange Ruhepause hat sich offenbar gelohnt, das Werkstück ist messbar zu einem leichten Oval geschrumpft. Also, alles nochmal vorsichtig überdrehen und dann die Gewinde für Dose und Schraubdeckel fräsen!

tmb etagere1Beim Hervorkramen der vorgedrehten Mahagonidose fallen mir auch die Einzelteile einer Etagere - einer Arbeit meines Vaters - in die Hände: Schmutz, vergilbter Lack und Wasserflecken haben sie über die jahre des Gebrauchs unansehnlich werden lassen. Die verleimten Spund- Zapfenverbindungen haben sich gelöst. Weil es sich um eine Erinnerung an meinen Vater handelt, habe ich die Teile aufgehoben. Weil das Design nicht mehr wirklich zeitgemäß ist, habe ich die Reparatur und Auffrischung immer wieder verschoben. Durch die Idee, die Einzelteile nachträglich mit Holzgewindeverbindungen zu versehen, erhält dieses Projekt nun plötzlich Priorität! So läßt sich das sperrige Objekt zerlegen und bis zum nächsten Weihnachtsfest platzsparend verstauen, um dann in neuem Glanz schmackhafte Nüsse feil zu bieten und alte Kindheitserinnerungen zu wecken.

tmb thread jig 1Doch es gibt ein Problem: Die Spitzenhöhe meiner Gewindefräseinrichtung reicht bei weitem nicht aus, um die großen Durchmesser der Etagerenschalen aufzunehmen! Zwar läßt sich der kleine Spindelstock meines DBF-Gerätes auch höhenverstellbar an der Säule des Bohr-und Fräsständers befestigen, aber dann wären zusätzliche Maßnahmen nötig, um das Mitdrehen der Leitspindel zu gewährleisten. Statt mich um die Beschaffung geeigneter Bauelemente wie Kette oder Zahnriemen und passende Räder zu kümmern, überlege ich, ob ich nicht schneller ans Ziel komme, wenn ich mit vorhandenem Material für diesen speziellen Zweck eine einfache Gewindefräseinrichtung nach dem Prinzip (ohne Zahnradgetriebe) aufbaue, das ich am Anfang dieses Artikels beschrieben habe.

Kernstück der Vorrichtung ist eine Stahlwelle, die sich in einer passenden Lagerbuchse drehen und verschieben lässt. An einer Seite dieser Welle habe ich ein hölzernes Spindelgewinde M33 x 3,5 zur Aufnahme eines Drechselbankfutters mit eingespanntem Werkstück befestigt. Am anderen Ende ist ein Zahnkranzbohrfutter angebracht. In dieses wird eine Gewindespindel mit der zu kopierenden Steigung eingespannt. Die zugehörige Spindelmutter ist in einen Träger aus multiplex eingepresst. Diesen Teil der Vorrichtung habe am Unterteil der Handauflage meiner Drechselbank justierbar befestigt.

tmb thread jig 2Für den zweiten Teil der Vorrichtung, die Halterung für den Fräsmotor mit der Zustelleinrichtung kann ich einen Kreuzsupport nutzen, der von einer alten Mechanikerdrehbank stammt und den ich mir schon vor früher für den Aufbau auf dem Bankbett meiner Teknatool hergerichtet hatte. Ich brauche nur den Drehstahlhalter durch eine Aufnahmevorrichtung für Elektrowerkzeuge mit 43mm Spannhals zu ersetzen. Die häufigen Umbau- und Einrichtarbeiten an der Drechselbank sind etwas nevig, aber die Innengewinde gelingen auf Anhieb in befriedigender Qualität.

tmb thread jig 3Als ich die erforderlichen Außengewinde angehe, erweist sich meine Konstruktion als etwas instabil: Wegen der doch sehr dünnen Welle flattern die leichtgewichtigen Werkstück beim fräsen, was sich natürlich auf die Gewindequalität auswirkt. Deshalb fertige ich mir schnell noch eine einfache Hakenlynette aus einem Sperrholzrest, die das Werkstück recht wirksam unterstützt. Die Gewinde werden nun deutlich sauberer!

auxiliary_threadsNachdem ich noch einige Hilfsgewinde gefräst habe, die ich brauche, um die Einzelteile der Etagere beschädigungsfrei an der Drechselbankspindel während der Oberflächenbearbeitung (Abschaben des alten Lackes und anschließendes gründliches Schleifen) zu befestigen, muss ich erst mal wieder Ordnung in meiner kleinen Hobbywerkstatt schaffen: Das ständige Umrüsten von Drechseln auf Gewindeschneiden war etwas mühsam und hat für ein ziemliches Chaos gesorgt. Obwohl sich die Ergebnisse durchaus sehen lassen können, werde ich mich - falls wieder mal eine ähnliche Arbeit auf mich zukommt - dafür entscheiden, meinem DBF-Gerät eine "Fahrradkette" zu spendieren, um damit die Spitzenhöhe zu vergrößern!

Fine-tuning

gear_driveNatürlich hätte ich es bei der Kurbel als Antrieb belassen können. Aber die langsame, gleichmäßige Drehbewegung des kleinen 24 V = Getriebemotors führt zu einer weiteren, wenn auch geringfügigen Qualitätsverbesserung des Fräsergebnisses. Und wenn man schon alles aufhebt, solll man es schließlich auch irgendwann benutzen!

speedcontrollerLeider besitzt mein Fräsmotor keinen integrierten Drehzahlregler. Um insbesondere bei härteren Holzarten Brandflecken im Fräsbild zu vermeiden, nutze ich einen einfachen Drehzahlsteller, den ich ursprünglich für meine Bohrmaschine gebaut habe.

fixed_spindle Die breite, robuste Ausführung meiner Spanneinrichtung für den Fräsmotor versperrte mir leider die Möglichkeit, die Spindel für den Fräserwechsel zu arretieren, ohne den Motor jedes Mal aus der Halterung heraus nehmen zu müssen. Eine Bohrung genau auf dem Spannschlitz (Im Bild durch gelben Kreis gekennzeichnet!) schafft hier Abhilfe, ohne die Festigkeit des Halters merkbar zu verschlechtern.

recess_toolInnengewinde, die in eine Grundbohrung hineingefräst werden, bzw. Außengewinde dessen Bolzen am Gewindeende einen größeren Durchmesser hat als das Gewinde selbst (z.B. Schraubenkopf), lassen sich natürlich nie exakt bis zum Anschlag ausfräsen. Damit sich die Schraube, bzw. Mutter trotzdem bis zum Ende drehen läßt, ist es üblich, derartige Gewinde zu hinterstechen. Während das beim Außengewinde mit einem schmalen Plattenstahl bzw. breitem Abstechstahl bewerkstelligt werden kann, ist dazu beim Innengewinde ein spezielles abgewinkeltes Werkzeug erforderlich. Ein solches Werkzeug habe ich mir aus einem zufällig vorhandenem Vierkant-Schlüssel zurecht geschliffen.