Die Anfertigung hölzerner Gewinde mit Schneidkluppe und Gewindebohrer wird auf der Website von Berthold Cremer sehr ausführlich beschrieben. Die Anschaffungskosten für diese Werkzeuge steigen natürlich proportional mit dem Nenndurchmesser. Will man beispielsweise den alten höhenverstellbaren Hocker (Bild 1) in traditioneller Weise nacharbeiten, würde das passende Schneidzeug wohl bereits die 1000,00€-Grenze sprengen! Da ich selbst keine derartigen Werkzeuge besitze, nutze ich begeistert die Gelegenheit, während eines Besuchs bei Drechslermeister Alfred Baumann zwei Spindeln und die passenden Querholzmuttern anzufertigen.
Bevor es dann zuhause an das Drechseln der Hocker geht, möchte ich aber noch Detailfotos von den Gewindeteilen anfertigen, um zwei Erkennungsmerkmale von Holzgewinden, die mit Schneidkluppe und Gewindebohrer gefertigt wurden, zu zeigen:
(1) Beim Spindelgewinde erkennt man am Ende des Gewindeganges die typischen Arbeitsspuren der Schneidmesser (Geißfüße). Die im Bild 3 gezeigten Gewinde wurden mit einer Schneidkluppe mit Vor- und Nachschneider geschnitten. Da die beiden Schneiden um 180° versetzt angreifen, ist die letzte halbe Umdrehung immer nur vorgeschnitten!
(2) Das Mutterngewinde wird üblicherweise in Querholz eingeschnitten. Da sich die Holzfaserrichtung wärend der Drehung des Gewindebohrers ständig ändert, sind Faserausrisse kaum zu umgehen. Im Bild 5 ist die rauhe Oberfläche der Gewindegänge gut zu erkennen. Die starke Fase wurde nachträglich angedreht, um die sehr tiefen Ausrisse am Gewindeanfang zu versäubern. Um zu verhindern, dass sich die rauhe, faserige Oberfläche des Mutterngewindes beim ersten Ausprobieren der Passgenauigkeit regelrecht an der Schraube verhakt und schlimmstenfalls die ganze Arbeit unbrauchbar macht, ist es üblich - und wichtig - die Gewindegänge der Schraube vorab gründlich mit Kernseife einzureiben!
Bei den Gewindebohrern unterscheidet man den deutschen Würger und den französischen Hohlbohrer (siehe Website von Berthold Cremer). Der französische Hohlbohrer liefert in den meisten Fällen ein besseres Arbeitsergebnis als der deutsche Würger. Trotzdem sind beide Werkzeuge für Langholz praktisch ungeeignet.
In seltenen Anwendungsfällen - z.B. zerlegbare Billardstäbe - müssen Innengewinde aber auch in Langholz geschnitten werden.
In einem Reprint des Drechserachbuches von Hugo Knoppe fand ich eine Zeichnung (Bild 5) und Beschreibung eines speziellen Gewindebohrers für Langholz: Dessen Schneidenteil ist mit einer Schwalbenschwanzführung versehen und kann zum Schärfen abgenommen werden. Dadurch läst sich die Schneide zu einer ähnlichen (geißfußartigen) Form ausbilden, wie bei den Schneidkluppen für das Außengewinde. Obwohl solche Bohrer heutzutage wohl kaum noch zu bekommen sind, beweisen sie doch wieder einmal die alte Regel: "Geht nicht" gibt's nicht!
... und noch ein Link:
The Beal Wood Threader ersetzt den Geißfuß einer Schneidkluppe durch einen Fräser. Die Muttern werden mit herkömmlichen Gewindebohrern geschnitten.