Klar, richtig Tauchen kann man mit Pressluftflaschen aus Holz und Pappe natürlich nicht! Aber wozu sollen sie dann taugen? - Um diese Frage zu klären, müssen wir tiefer in die faszinierende Welt der Scuba diver eintauchen:
Via Facebook lerne ich Robert http://lange-tauchen.de/ kennen. Er möchte für seine Tauchschule eine Schaufensterpuppe werbewirksam mit einer Taucherausrüstung ausstatten. Echte Pressluftflaschen sind für diesen Zweck zu schade und zu schwer. Deshalb müssen zwei Dummy- Tauchflaschen her! Also: Maß nehmen und loslegen!
Die Holzauswahl für die Flaschenköpfe fällt mir nicht leicht: Das meiste Holz das ich in passender Größe besitze, ist für diesen Zweck einfach zu schade! Schließlich wähle ich einen Abschnitt eines Halbstammes gestockter Birke. Ich drehe die beiden Werkstücke umgehend grob vor, damit sie gegebenenfalls noch etwas nachtrocknen können. Meine Auswahl habe ich gut getroffen: Das Holz hat doch einige Macken. Es wären wohl kaum jemals außergewöhnliche Schüsseln daraus entstanden. Für die Flaschenböden finde ich passende Rohlinge aus Esche. Den meisten Spaß macht mir die Anfertigung der kleinen Ventildrehknöpfe: Nicht umsonst habe ich mir das Wörtchen "Miniature" auf meine Fahne geschrieben!
Bei allen bisherigen Arbeiten habe ich mir nebenbei den Kopf zerbrochen, wo ich passende Rohre/Hülsen (180mm Außendurchmesser) für die Flaschenkörper auftreiben könnte: Der örtliche Teppichhändler will mir gerne Wickelkerne aus Pappe schenken; leider ist der Durchmesser viel zu klein. Das PVC-Rohr-Sortiment endet in unserem Baumarkt bei Nennweite 160. Im Internet finde ich Polyacryl-Rohr mit passendem Durchmesser. Allerdings ist mir das - zuzüglich Transport- und Zuschnittpauschale - zu teuer! Per E-Mail frage ich ein paar per Zufall ausgewählte Händler/Hersteller von Verpackungsmaterial nach passenden Papphülsen: Immerhin erhalte ich umgehend von allen Absagen!
Bei einem Verdauungsspaziergang schöpfe ich erneut Hoffnung: Meine Frau entdeckt plötzlich offenbar herrenlose, schon tief ins Gras eingewachsene Plasterohre! Aber leider sind Durchmesser und Wandstärke zu groß!
Jammern hilft nicht! - Also: Selber machen! Auf einem Reststück einer stabilen Strukturtapete messe ich den benötigten Umfang ab und klebe die beiden Enden zu einem Rohr zusammen. Schicht für Schicht will ich dann mit Altpapier und Tapetenkleister eine ausreichend stabile Wandstärke aufbauen. Das ist leichter gesagt als getan, denn das feuchte Papier ist am Anfang doch recht "labberig". Als mir dann die Idee kommt, das Ganze mit ein paar Luftballons zu stabilisieren, wird die Sache zum Kinderspiel. Ich klebe immer abwechselnd eine Schicht Packpapier und eine Schicht Zeitungspapier; so behalte ich die Übersicht und bekomme eine gleichmäßige Wandstärke.
Nun, da die Papphülsen gut duchgetrocknet sind und der genaue Innendurchmesser feststeht, können die hölzernen Flaschenböden und Köpfe fertiggedreht und genau eingepasst werden.
Während der Trocknungszeiten für die Papphülsen sind auch schon die beiden Flaschenventile fertig geworden. Alles passt perfekt zusammen und kann verklebt werden!
Nach zweimaliger Grundierung mit einem Rest "geruchsarmer" grauer Vorsteichfarbe erfolgt die Endbehandlung mit Hammerschlaglack. Damit der Effektlack auch seine volle Wirkung entfalten kann, lege ich den Pinsel beiseite und verwende einen kleinen Sreichroller.
Die Farbe ist noch feucht. Sehr vorsichtig bringe ich die fertigen Flaschen in Pose für ein Foto: Ich möchte meine Freude über die gelungene Arbeit schnellstmöglich mit anderen teilen!
Auch bei den Ventilen besteht nach der Farbgebung mit Alubronze und schwarzer Ausziehtusche eine gewisse Verwechslungsgefahr (!) mit den Originalen.
"Ich habe fertig!" - Tja, wie man es nimmt: Inzwischen hat mich Robert besucht, und gezeigt, was man noch so alles zum Tauchen benötigt. Also: Werkstatt kurz aufräumen und weitermachen!
Die Anfertigung der beiden Manometer (Von Tauchern Finimeter genannt - Man lernt eben nie aus!) macht mir besonders viel Spaß: Am Computer entwerfe ich zunächst die Skala. Für das Deckglas suche ich dann nach einem Reststück Acrylglas, finde aber nichts in passender Stärke. Es widerstrebt mir zunächst, jeweils einfach zwei Scheiben übereinander zu legen. Aber dann kommt mir die Idee, zwischen den beiden Scheiben den Zeiger anzuordnen. So entsteht - wie beim Original - ein Abstand zur Skala, was am Schattenwurf auf die Skala gut zu erkennen ist. Ich bin vom (Zwischen-) Ergebnis begeistert!
Der Druckminderer wird mittels 5/8"- Gewinde direkt an der Pressluftflasche angeschraubt. Leider besitze ich kein Zahnrad mit 127 Zähnen, so kann ich mit meiner Gewindefräseinrichtung nur metrische Gewinde herstellen. Um herauszufinden, welche metrische Steigung dem Originalgewinde am nächsten kommt, muss ich mein noch aus Lehrzeiten stammendes "Tabellenbuch Metall" finden! - Oder ich gehe mit der Zeit und schaue mal nach, ob es dafür eine App fürs iPhone gibt. Und ich werde fündig: "Mechtab" .
G5/8" hat eine Steigung von 1,814. Also wähle ich 1,75 und bin überrascht: Ein probehalber von mir gefräster Gewindestift läßt sich problemlos sogar in die Originalflasche eindrehen!
Der Druckminderer besteht aus zahlreichen Einzelteilen, die sich untereinander verdrehen lassen. Ich länge mir ein Stück von einer M8- Gewindestange ab. Darauf werden die einzeln gedrechselten Teile nach der Farbgebung aufgefädelt. Ein paar Sechskantmuttern und einige Innensechskantschrauben komplettieren diese Baugruppe.
Für die "Verdrahtung" der einzelnen Komponenten habe ich mich für preiswerten Gartenschlauch aus dem Baumarkt entschieden. Die (fehlenden) Druckschlauch-Verschraubungen habe ich durch Holzzapfen mit der äußeren Formgebung von Schlaucholiven realisiert. Jeder Regler hat drei Anschlüsse: (Atemregler, Neoprenanzug, Finimeter).
Den Bau der Atemregler habe ich mir für den Schluß aufgehoben. Es braucht schon etwas Vorstellungskraft, um die recht komplexe Form in gut drechselbare Einzelteile aufzulösen! Auch meine - sehr zu unrecht eher selten genutzte - Laubsägemaschine kommt dabei zum Zuge! Bei dem kompliziert geformten Mundstück aus Silikongummi schlage ich Robert vor, das Originalteil zu verwenden und fertige nur einen hölzernen Ansatz, auf den das Mundstück aufgeschoben und - wie beim Original - mit einem Kabelbinder gesichert werden kann.
Nach der Farbgebung fallen die kleinen Vereinfachungen, für die ich mich entsprechend der goldenen Technikerregel: "So genau wie möglich, aber nicht genauer als nötig!" entschieden habe, kaum ins Auge! - Ich bin gespannt, wie das "Gesamtkunstwerk" Schaufensterpuppe mit
Sidemount- (Monkey-) Ausrüstung auf potentielle Sporttaucher wirken wird!